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Flutkatastrophe: Pressehandel im Ausnahmezustand

Das teils verheerende Hochwasser, das in Folge starker Regenfälle viele Regionen in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen heimsucht, führt auch im Pressevertrieb zu teils beträchtlichen Schwierigkeiten.

Besonders hart traf es die Presse-Vertrieb Hermann Liebig GmbH in Kolbermoor, Landkreis Rosenheim in Oberbayern. Hier konnten am vergangenen Sonntag die Zeitungen und Zeitschriften nicht angeliefert werden, weil der betreffende Teil von Kolbermoor in einer Evakuierungszone liegt. Nach Aussage von Geschäftsführer Hermann Glashauser hat das Wasser bis zu 1,50 Meter hoch auf den Straßen und Grundstücken des Gewerbegebiets Carl-Jordan-Straße gestanden. Ursache dafür war das Hochwasser der Mangfall, eines Nebenflusses des Inns, der nur rund 500 Meter vom Liebig-Firmengelände entfernt durch Kolbermoor fließt. Infolgedessen war am Sonntag für Rosenheim, das fünf Kilometer entfernt liegt, der Katastrophenfall ausgerufen worden.

Mit Passwort durch die Absperrungen

Da die Lieferungen der Verlage nicht zu Liebig durchkamen, konnte das Unternehmen in der Nacht auf Montag keinen seiner rund 570 Einzelhandelskunden mit Presse beliefern. Glashauser gelang es jedoch, in zähen Verhandlungen mit den örtlichen Behörden zu erreichen, dass die Mitarbeiter, die Verlagsspediteure und die Spediteure, die die Presseverkaufsstellen beliefern, ab Montagnachmittag wieder Zugang zu seinem Betrieb erhielten. Dazu bekam er eine Sondergenehmigung. "Mit Hilfe eines Passwortes, das ich an unsere Mitarbeiter, an die Spediteure sowie an die Verlage weitergab, konnten sie dann die Straßensperren der Polizei passieren", berichtet Glashauser. DER SPIEGEL und FOCUS sowie alle anderen Zeitschriften, die montags erscheinen, wurden am heutigen Dienstag an den Einzelhandel geliefert.

Schwierig ist die Situation auch bei der Presse-Vertrieb Dresden GmbH & Co. KG. Hier konnten am Montag zwar lediglich 63 der insgesamt knapp 1.600 Verkaufsstellen nicht mit Presse beliefert werden. Doch während in Oberbayern die Pegel der Flüsse bereits im Sinken begriffen sind, erwartet man in Dresden aufgrund anhaltender Regenfälle in der Tschechischen Republik den Scheitelpunkt des Hochwassers der Elbe erst noch. Die Elbbrücke das Blaue Wunder (Archivbild von 2006 von Marco Barnebeck/Pixelio) wurde bereits gesperrt. "Im schlimmsten Fall können wir in den nächsten Tagen rund 270 unserer EH-Kunden nicht beliefern", befürchtet Vertriebsleiter Falk Rüdiger-Fröhlich.

Pressehändler räumen die Regale

Sein Außendienst half zwischenzeitlich sogar bei Evakuierungen. "Im Einkaufszentrum Weißeritzpark haben wir mehrere Kunden, denen unsere Außendienstkollegen beim Ausräumen der Presseregale geholfen haben", berichtet Rüdiger-Fröhlich. Das wurde notwendig, weil das Einkaufszentrum infolge des Hochwassers der Weißeritz überflutet zu werden drohte. Inzwischen konnte hier die Presse zurück in die Regale geräumt werden, weil der Pegel der Weißeritz gesunken ist. "Dabei kam uns zugute, dass wir die kommissionierte Ware in Wannen transportieren", sagt er. Dadurch ist die Presse auch bei mehrmaligem Aus- und Einladen gut geschützt.

Das ist auch deswegen notwendig, weil Rüdiger-Fröhlich ständig die Touren an die wechselnden Erfordernisse der Hochwasserbedingungen anpasst. "Dank GPS wissen wir jederzeit, wo die Spediteure gerade sind", erläutert er. "Wenn sich dann unterwegs herausstellt, dass für den Spediteur kein Durchkommen ist, liefert er die betreffenden Wannen wieder bei uns ab, und wir versuchen, sie mit einer anderen Tour zum Kunden zu schicken."

Verlage liefern Programmies vorzeitig aus

Da der Höhepunkt des Hochwassers in Dresden erst noch kommen wird, hat er bei MZV und der Bauer Vertriebs KG bereits die vorzeitige Lieferung der TV-Programmzeitschriften erwirkt. "Wir versuchen, möglichst viele Titel in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch an den Einzelhandel auszuliefern, weil die Hochwassersituation in den nächsten Tagen eher noch schwieriger werden wird", sagt er.

Auch ganz persönlich sind die Mitarbeiter des Presse-Vertriebs Dresden vom Hochwasser betroffen. Die Heime von bislang sieben Mitarbeitern habe das Hochwasser bereits erreicht. "Da wir befürchten, dass weitere Elbbrücken gesperrt werden, haben wir in einem nahe gelegenen Hotel mehrere Zimmer gemietet, in denen Mitarbeiter übernachten können, die aufgrund der Sperrungen nicht nach Hause gelangen", so Rüdiger-Fröhlich. Und weil inzwischen viele Schulen und Kindertagesstätten in Dresden und Umgebung aufgrund des Hochwassers geschlossen sind, hat er seinen Mitarbeitern gestattet, am Mittwoch ihre Kinder mit in den Betrieb zu nehmen.

Passauer Innenstadt kann nicht beliefert werden

Im Vertriebsgebiet der Presse-Schiessl GmbH & Co. KG, Regensburg, war die Situation in Passau am schwierigsten, wo der Inn und die Ilz in die Donau münden. Die Innenstadt steht zu weiten Teilen unter Wasser, so dass am Montag laut Auskunft von Geschäftsführer Werner Schiessl 14 Verkaufsstellen nicht beliefert werden konnten. Inzwischen sinkt der Donaupegel langsam.

Die Presse Weigelt Vertriebs GmbH in Mehlteuer, Sachsen, ist nach Aussage von Vertriebsleiter Hartmut Teßmer mit einem blauen Auge davongekommen. "Einige unserer Spediteure konnten wegen des Hochwassers der Weißen Elster nicht zu uns gelangen, darum haben wir zusätzliche Touren organisiert", berichtet er. Doch lediglich 25 der insgesamt 800 EH-Kunden hätten Montag und Dienstag nicht beliefert werden können. Die meisten von ihnen sind in und um Greiz im Vogtland ansässig. Hier sinkt der Pegel der Weißen Elster aber inzwischen wieder.

 

Foto: Blaues Wunder in Dresden; Marco Barnebeck, pixelio.de


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(sgo) 05.06.2013






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